Wissen teilen und vernetzen.

Es ist einfach toll ein Netzwerk von Frauen mit ausgezeichneten Expertisen zu haben, mit diesen im Austausch zu stehen, sich gemeinsam für gesellschaftliche Ziele einzusetzen …und, und, und. Dr. Dieta Kuchenbrandt eine von diesen Frauen. Sie ist Trainerin und Netzwerkpartnerin von Pro Exzellenzia 4.0 – und darüber sind wir sehr glücklich! In dieser und in der nächsten Blog-Letter-Ausgabe teilt die Psychologin und Hochschulexpertin ihr reichhaltiges Wissen über das sog. „Vorsingen“ und den Step eins dorthin, die Bewerbung auf eine Professur, mit Ihnen. Welch ein Geschenk!

Erstes Vorsingen? Übung macht die Meisterin! – Teil 1
Vor einigen Wochen bin ich auf der Internetpräsenz einer Hochschule auf folgenden Text gestoßen: „Eine Besonderheit ist der relativ große Anteil von Frauen an Studenten und Mitarbeitern. Mehr als 37% der Beschäftigten sind Frauen, rund 50% beträgt ihr Anteil derzeit bei den Studierenden. Der Anteil von Frauen an den besetzten Professuren beträgt mittlerweile etwa 20%.“ Stolpern Sie vielleicht auch beim Lesen? Nicht nur, dass die geschlechtergerechte Sprachverwendung fehlt; auch: fünfzig Prozent der Studierenden versus 20 % der Leitungskräfte dieser Hochschule sind Frauen. Nehmen wir alle Universitäten und Hochschulen zusammen, lag im Jahr 2018 der Frauenanteil in der Professor*innenschaft bei 24,73 % (Quelle: Statistisches Bundesamt). Verglichen mit den Vorständen in Dax-Konzernen (weniger als 9%) klingt das in der Tat viel. Und auch mit Rückblick beispielsweise auf das Jahr 2000 –  hier haben Frauen knapp 10,55 % der Professuren besetzt – ist eine Zahl um und jenseits der 20 % sicher als eine Errungenschaft zu lesen. Dennoch bleibt es ein Missverhältnis zwischen dem Anteil an erfolgreichen Studienabschlüssen (ca. 50% werden von Frauen erlangt) sowie erfolgreich abgeschlossenen Promotionen (knapp 45 % werden von Frauen erreicht) und den Führungspositionen an Hochschulen, die durch Frauen eingenommen werden.

Dieses Missverhältnis gilt es unter anderem durch die Hochschulen selbst zu verändern. Vor nicht wenigen Jahren war es durchaus noch möglich, vor einer ausschließlich männlich besetzten Berufungskommission „vorzusingen“. Heute werden Sie eine solche Kommission nur noch selten antreffen, die meisten Fakultäten sind um paritätisch zusammengesetzte Kommissionen bemüht. Zur Aufgabe von Berufungskommissionen gehört es mittlerweile, gezielt Wissenschaftlerinnen im Berufungsgebiet anzusprechen und zur Bewerbung einzuladen. Die Maßnahmenliste ließe sich fortsetzen.

Doch das allein genügt nicht. Auch Frauen (bzw. die potentiellen Bewerberinnen) müssen diesem Missverhältnis etwas entgegensetzen. Aus meiner Sicht beginnt das damit, die Spielregeln zu kennen und sich im Bewerbungsprozess strategisch möglichst klug aufzustellen. Ein Blick in die FAQ’s zu Professurbewerbungen kann hierzu ein erster Schritt sein.

FAQs zu Bewerbungen auf eine Professur

(1) (Wann) Sollte ich mich auf eine Professur bewerben?

Ganz häufig höre ich von Wissenschaftler*innen: „Da passe ich aber nicht gut drauf, da bewerbe ich mich besser nicht.“ – „Ich habe die Habil noch nicht fertig, da hab’ ich eh noch keine Chance.“

Richtig, in manchen Fachbereichen (insbesondere Medizin und vielen Geisteswissenschaften) stehen die Chancen ohne Habilitation eher schlecht, sind aber auch nicht bei null! Sind Sie nicht habilitiert, obliegt es der Kommission einzuschätzen, ob Ihre Leistungen habilitationsäquivalent sind (und hier gibt es eine nicht zu unterschätzende subjektive Komponente). Und, je besser Sie fachlich passen, desto höher mögen die Chancen sein. Auch das stimmt jedoch nur bedingt: Ihre Aufgabe im Bewerbungsprozess ist nicht, optimal zu passen, sondern sich passend zu machen. Und bedenken Sie: Nicht nur Ihre Forschung, auch Ihre Lehrerfahrung trägt zur Passung bei.

 Antwort:

Fangen Sie frühzeitig an, sich auf Professuren zu bewerben, warten Sie nicht, bis Sie ALLE Qualifikationskriterien erfüllen. Dies gilt sowieso für Juniorprofessuren (Direkt nach der Promotion? Ab Postdoc-Jahr 2-3? Die Berufungspraxis ist hier durchaus divers.) wie für W2- Nachwuchsprofessuren mit Tenure Track. Aber auch bei unbefristeten W2/W3-Professuren ist die Chance berufen zu werden oder wenigstens einen Listenplatz zu bekommen (ein dickes Plus in Ihrem CV) höher, wenn Sie sich bewerben als, wenn Sie sich nicht bewerben. Bewerben Sie sich auch auf Professuren, auf die Sie fachlich nicht optimal passen, wenn Sie Ideen haben, wie Sie Ihr Profil und Ihre künftigen Forschungspläne auf die Ausschreibung zuschneiden können. Das Bewerben auf Professuren will geübt sein, allein dafür ist das frühzeitige und etwas breitere Bewerben eine gute Strategie. Zu guter Letzt: Bedenken Sie, dass ein Berufungsverfahren in Deutschland zwischen ein und zwei Jahren dauert.

(2) (a) Was gehört zu den üblichen Unterlagen? (b) Wie stelle ich mich optimal in den schriftlichen Unterlagen dar? und (c) Was sollte ich vermeiden?

Generell sei vorausgeschickt: Das Wort BeWERBUNG ist ernst gemeint. Natürlich geht es nicht darum, unrealistische Erwartungen zu wecken. Aber es muss in der Bewerbung um Sie gehen (Kein anonymes „Wir“; „Ich“ habe gemacht, geforscht, erreicht…Etwas unangenehm, oder? Trotzdem!) und um Ihre „Produkte“ (Forschung, Lehre, Engagement an der Hochschule, Führungserfahrung etc.). Eine Bewerbung ist keine Liste dessen, was Sie alles noch nicht erreicht haben.

Antworten:

  1. a) Zu den üblichen Unterlagen gehören
  • das Anschreiben (1-1,5 Seiten)
  • der CV (inklusive Werdegang, Qualifikationen, selbst eingeworbene Drittmittel, Preise, hochschuldidaktische Fortbildungen, Führungserfahrungen/betreute und co-betreute Doktorarbeiten, akademische Selbstverwaltung.
  • Es gibt keine Längenbegrenzung, sondern: So kurz wie möglich und so lang wie nötig
  • Drittmittelverzeichnis
  • Publikationsverzeichnis
  • Vortragsverzeichnis
  • Lehrverzeichnis (inklusive der betreuten Abschlussarbeiten)

In vielen Fällen ist auch ein Lehr- und Forschungskonzept gefordert. Beachten Sie: Es geht um Konzepte, nicht um Profile! Neben einem retrospektiven Anteil (Was habe ich gemacht? Was sind meine Schwerpunkte?) braucht es einen prospektiven Anteil (Was plane ich? Vor allem: Was plane ich am Zielstandort? Wie passe ich mit meinen Schwerpunkten an das Institut, die Fakultät, die Hochschule? Mit welchen Bereichen möchte ich gern kooperieren?).

  1. b) Nehmen Sie einmal die Perspektive der Berufungskommission ein: Wie würden Sie die Unterlagen von 30-100 Bewerber*innen lesen? Sie wollen sich wahrscheinlich möglichst schnell einen möglichst guten Überblick zu den relevanten Informationen verschaffen. Ihre Unterlagen sollten entsprechend gestaltet sein. Die wichtigsten Informationen (Forschungsschwerpunkte, Publikationen, Drittmittel, Lehrerfahrung) sollten schnell und frühzeitig erfassbar sein.

Deshalb gilt:

  • Nummerieren Sie Ihre Publikationen im Verzeichnis.
  • Geben Sie nicht nur die einzelnen Summen Ihrer Drittmittel an, sondern auch eine Gesamtsumme der eingeworbenen Mittel.
  • Vielleicht haben Sie ein Deckblatt mit einem Inhaltsverzeichnis für Ihre Unterlagen.
  • Ihr CV kann mit einem Kurzprofil beginnen, in dem Sie in Stichpunkten die vier bis fünf wichtigsten Informationen zusammenfassen (z.B. aktuelle Position, Stand des Habilitationsverfahrens, Gesamtzahl der Publikationen und der eingeworbenen Drittmittel, Führungserfahrung, Forschungs- und Lehrschwerpunkte).
  • Die Unterlagen sollten übersichtlich und leser*innenfreundlich (z.B. Schriftgröße 11 / 12, Zeilenabstand 1.15) sein.
  1. c) Folgenden „Fehler“ beobachte ich am häufigsten: In den Unterlagen fehlt der klare und wiederkehrende Bezug zur Hochschule. In Ihrem Anschreiben sollten Sie etwa unbedingt begründen, warum Sie sich auf die Professur bewerben, warum Sie an die jeweilige Hochschule und wie Sie sich in der Hochschule einbringen möchten (Wie tragen Ihre Schwerpunkte zum Profil der Hochschule, der Fakultät und/oder des Instituts bei?).

Fortsetzung folgt! Sie sind neugierig, wie es nach der schriftlichen Bewerbung weitergeht und was es hier zu beachten gilt? Lesen Sie dazu Teil II in der nächsten Ausgabe des Blogletters von Pro Exzellenzia 4.0!

Zur Autorin:
Dr. Dieta Kuchenbrandt ist Psychologin und war mehrere Jahre als Wissenschaftlerin an verschiedenen Universitäten tätig. In ihrem Unternehmen schainundkuchenbrandt hat sie sich auf die Anliegen und Arbeitskontexte von Wissenschaftler*innen spezialisiert. Zu ihren wichtigsten Tätigkeitsschwerpunkten gehört die Unterstützung und Beratung von Postdocs, Nachwuchsgruppenleiter*innen und Juniorprofessor’innen bei der Bewerbung auf Professuren an Universitäten sowie Hochschulen.
www.schainundkuchenbrandt.com
dk@schainundkuchenbrandt.de

Das Projekt Pro Exzellenzia plus wird von der Europäischen Union und von der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) finanziert. Die Förderlaufzeit von Pro Exzellenzia plus ist vom 01.04.2021 bis 31.12.2024. Projektträger ist Hamburg Innovation GmbH.
Europäischer Sozialfonds
Stadt Hamburg