Pro Exzellenzia: Liebe Frau Dr. Paschke-Kratzin, wir freuen uns ausgesprochen, dass Sie den Beirat von Pro Exzellenzia 4.0 mit Ihrer Expertise und Perspektive bereichern. Sie sind Gleichstellungsbeauftragte der Universität Hamburg und Vorsitzende der Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten (LaKoG). Wie war Ihr Weg in die Gleichstellung?
Dr. Paschke-Kratzin: Zunächst war ich 21 Jahre Gleichstellungsbeauftragte, zuerst noch Frauenbeauftragte, am Fachbereich Chemie und parallel dazu die letzten neun Jahre Gleichstellungsbeauftragte in der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften und vier Jahre stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte der Universität Hamburg. Seit nun mehr fast fünf Jahren bin ich Gleichstellungsbeauftragte der gesamten Universität Hamburg.
Meine erste Wahl vor nahezu 26 Jahren verlief so, dass man im Institut für Biochemie und Lebensmittelchemie dringend eine neue Frauenbeauftragte brauchte und mich in Abwesenheit und ohne Rücksprache im Institutsrat wählte. Der Geschäftsführende Direktor begegnete mir nach der Sitzung per Zufall auf dem Flur und gratulierte mir zu meinem neuen Amt. Also, zur Gleichstellungsarbeit bin ich quasi wie die Jungfrau zum Kinde gekommen. Inzwischen bin ich etwas gereift und kümmere mich immer noch um das Thema in all‘ seinen Facetten wie Geschlechtergerechtigkeit, Vereinbarkeit und Diversität; aus Überzeugung und mit Leidenschaft.
Pro Exzellenzia: Gab es Karrierestrategien, von denen sie heute sagen würden, dass sie besonders hilfreich für Sie persönlich waren?
Dr. Paschke-Kratzin: Wenn Sie so wollen, habe ich zwei Karrieren, als Gleichstellungsbeauftragte und als Lebensmittelchemikerin. In beiden Fällen ist die Vernetzung und der Austausch mit nationalen und internationalen Kolleg*innen sehr wichtig gewesen. Und der diplomatische Weg war für mich immer der erste und wichtigste. Wenn man gibt, kann man auch nehmen bzw. fordern.
Pro Exzellenzia: Was raten Sie Frauen, die eine Professur im Wissenschaftssystem anstreben?
Dr. Paschke-Kratzin: Für das Karriereziel Professur sind Flexibilität sowohl geografisch als auch thematisch bezogen auf das Forschungsgebiet wichtig, ein gutes Organisationsvermögen – beruflich wie auch privat und sein Licht nicht unter den berühmten Scheffel zu stellen, sondern selbstbewusst, bestimmt und doch verbindlich aufzutreten. Und auch hier gilt es, immer wieder zu netzwerken und sich bekanntzumachen. Auf dem Weg zur Professur braucht es manchmal einen etwas längeren Atmen. Die Leidenschaft für das Thema, die auch Voraussetzung ist, lässt einen jedoch meistens nicht in Luftnot geraten.
Pro Exzellenzia: Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Engagement als Beiratsmitglied von Pro Exzellenzia 4.0?
Dr. Paschke-Kratzin: Da ich aus den Naturwissenschaften komme, ist mir die Frauenförderung immer noch eine DER Herzensangelegenheiten. Dies ist ein Kernthema von Pro Exzellenzia. Hier unterstütze ich gern und gebe Ideen zu Projekten und Impulse aus der langjährigen Erfahrung in der Gleichstellung bzw. Gleichstellungspolitik. Als echte Hamburgerin freue ich mich natürlich auch ganz besonders, ein solches Projekt für diese wunderbare Stadt unterstützen zu können.
Pro Exzellenzia: In drei Stichworten: Was sind die zentralen Gleichstellungsthemen der Zukunft? Besonders im Hinblick auf Führungskompetenzen und Gender.
Dr. Paschke-Kratzin: Das Zusammenspiel von Diversität und Geschlechtergerechtigkeit zu meistern, ohne dabei die Frauenförderung in den Bereichen, in denen Frauen noch unterrepräsentiert und strukturell benachteiligt sind, zu vergessen und vor allem auch immer wieder die Führungskräfte für die Querschnittsthemen Geschlechtergerechtigkeit, Vereinbarkeit und Diversität zu sensibilisieren.
Alle, auch die Männer, mit in die Pflicht für mehr Chancengleichheit zu nehmen – Gerechtigkeit gelingt nur, wenn alle Geschlechter etwas davon haben und daran beteiligt werden.
Letztlich eine angemessene Teilhabe aller zu sichern, unabhängig von Geschlecht, familiären Verpflichtungen, Alter, Herkunft, Beeinträchtigung, Orientierung oder Religion. Dabei ist individuelle Förderung nur eine Sache, auch das System und Bewusstsein müssen sich bewegen.
Pro Exzellenzia: Ich danke Ihnen sehr herzlich für das Interview!
Foto Quelle: Dr. Paschke-Kratzin UHH